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Tora-Wimpel des Hirsch, Sohn des Meïr

Torah binder of Hirsch, son of Meir

Datierung/date: 1786

Maße/size: 366 cm × 19,5 cm

Inventarnummer/inventory number: 1917/335.10

Sammlungsbestand/Collection inventory: Konvolut Adelebsen

Material und Technik

Zusammengesetzt aus 4 Gewebestreifen, Grund Leinen (ungefärbt), Leinwandbindung, wässrig gebundene Malerei, Farbtöne Gelb, Ocker, Rot, Blau, Grün und Schwarz, Vorzeichnung nicht erkennbar, Querkanten Saum, Längskanten Webekante, Verbindung der Streifen durch Naht.

Material and technique

Put together from 4 strips of cloth, linen ground (undyed), linen weave, watercolour paint, shades of yellow, ochre, red, blue, green and black, preparatory drawing not visible, vertical edges hemmed, lengthways edges selvedge, strips joined with seams.

Zuweisung

Hirsch Meyer könnte der jung gestorbene (oder jung fortgezogene) und deshalb nirgends mehr erwähnte Sohn des Meyer Nathan/ Philipp in Adelebsen sein (vgl. Wimpel 1897/474). Der Vater nahm 1808 den Namen Freudenstein an und so auch seine jüngeren Söhne. Die zu diesem Zeitpunkt schon erwachsenen Söhne nannten sich Rosenstein, Löwenstern und Meyer. Der Wimpel von Markus Meier Löwenstern ist ebenfalls Teil dieser Sammlung und trägt die Inventarnummer 1917/335.6.

Allocation

Hirsch Meyer could be the son of Meyer Nathan/Philipp from Adelebsen, who died young (or moved somewhere else while still young) and was therefore not mentioned again (see binder 1897/474). In 1808, the father adopted the name of Freudenstein, as did his younger sons. The older sons took the names Rosenstein, Löwenstern and Meyer. The Torah binder for Markus Meier Löwenstern also belongs to this collection, inventory number 1917/335.6.

Beschreibung

Die hebräischen Abkürzungsbuchstaben für den Segenswunsch »er möge viele gute Tage erleben« stehen auf diesem Wimpel in den Köpfen der Buchstaben des Wortes »geboren«. Dennoch bezieht sich dieser Satz auf den Vater des Kindes (so wie bei allen anderen Wimpeln) und nicht auf das Kind.

Die Bemalung dieses Wimpels wirkt leicht und verspielt. Sie spiegelt den Stil der Zeit: des Rokokos. Gekonnt eingesetzte Schraffierungen, um Schatten und Tiefe zu erzeugen, verweisen auf eine Malerei von geübter Hand. Das Sternbild Tale (Lamm), das dem Sternbild Widder entspricht, wird hier genannt und abgebildet – mittlerweile allerdings sehr verblasst. Auf dem Wimpel sind heimische Tiere wie Hase, Eichhörnchen und Kuh vereint mit Löwe, Dromedar und einem Pelikan. Der Pelikan reißt sich die Brust auf (so auch bei Wimpel 1917/335.11), um mit dem eigenen Fleisch und Blut seine Jungen zu ernähren.

Verschiedene gut ausgeführte Blumenmalereien schmücken den Wimpel. Eine Kanne (in einer Schale stehend) weist die Familie als zu den Leviten gehörig aus.

Unter der Chuppa stehen nicht nur das Brautpaar und der Rabbiner, sondern auch noch ein Vater und eine Mutter. Der Vater hält den Ehekontrakt, die Ketuba, in der Hand. Der Ehevertrag und seine öffentliche Verlesung müssen von 10 erwachsenen jüdischen Männern bezeugt werden. Dies ist ein Bestandteil der Trauzeremonie.

Beide Frauen sind in der zeitgenössischen Mode gekleidet mit einer Robe à l’Anglaise (französisch: Kleid im englischen Stil) und der für Bürgersfrauen üblichen Kopfbedeckung, einer Haube.

Description

On this binder, the letters of the Hebrew abbreviation for the blessing “let him see many good days” are in the heads of the letters of the word “born”, even though this blessing refers to the father of the child (as on all the other binders) and not to the child itself.

The painting of this wimpel is delicate and playful. It reflects the style of the period, the Rococo. Crosshatching is used ingeniously to create shadow and depth, and points to a skilled hand. The zodiac sign Taleh (lamb), which corresponds to the zodiac sign Aries, is named and depicted – although it has faded. On the binder domestic animals such as a hare, squirrel and cow meet a lion, a dromedary and a pelican. The pelican rips open its breast (as also found on binder 1917/335.11) in order to feed its offspring with its own flesh and blood.

Several well executed flower paintings adorn the binder. A jug (sitting in a laver) shows that the family are Levites.

Not only the bride, groom and rabbi stand underneath the chuppah, but also a father and a mother. The father holds the marriage contract, the ketubbah, in his hands. The marriage contract and its public reading must traditionally be witnessed by 10 adult Jewish men. This is part of the wedding ceremony.

Both women are dressed after the fashion of the period in a Robe à l’Anglaise (French for: dress in the English style) and a bonnet, the customary headgear for middle-class women.

Quellenverzeichnis/List of abbreviated Sources

Verzeichnis der abgekürzten Quellen

FamB = Synagogenbuch der jüdischen Familien in dem Gerichte
Adelebsen … Aufgestellt am Ende des Monats December
1832 von Salamon Levy Löwenthal (NLA Hannover,
Hann. 74, Göttingen Nr. 4211).
Friedhof = Bernd Schaller/Eike Dietert: Im Steilhang. Der
jüdische Friedhof zu Adelebsen. Erinnerung an eine zerstörte
Gemeinschaft, Göttingen 2010.
GebL = Geburtsliste der Synagogengemeinde Adelebsen
(1832–1838) (NLA Hannover, Foto 1 Nr. 98).
Kollektenliste = Kollektenliste von 1719 (Stadtarchiv Göttingen,
Altes Aktenarchiv Juden, Nr. 11).
L 1762 = Aufstellung der Juden aus dem Gericht Adelebsen
mit Altersangabe (1762) (NLA Hannover, Hann. 74, Göttingen
Nr. 4211).
Mundhenke = Herbert Mundhenke (Bearb.): Die Kopfsteuerbeschreibung
der Fürstentümer Calenberg-Göttingen
und Grubenhagen von 1689, Teil 7, Hildesheim 1964,
Teil 8, Hildesheim 1965.
PW I = Peter Wilhelm: Die jüdische Gemeinde in der Stadt
Göttingen von den Anfängen bis zur Emanzipation (Studien
zur Geschichte der Stadt Göttingen 10), Göttingen
1973.
PW II = Peter Wilhelm: Die Synagogengemeinde Göttingen,
Rosdorf und Geismar 1850–1942 (Studien zur Geschichte
der Stadt Göttingen 11), Göttingen 1978.
StbL = Sterbeliste der Synagogengemeinde Adelebsen (1832–
1893) (NLA Hannover, Foto 1 Nr. 100).

 

List of abbreviated Sources

FamB = (Synagogue register of the Jewish families in the judicial
district of Adelebsen … drawn up at the end of December
1832 by Salamon Levy Löwenthal).
Friedhof = (The Jewish cemetery in Adelebsen. Memento of a destroyed
community).
GebL = (Birth register of the Jewish community in Adelebsen
(1832–1838).
Kollektenliste = (Offertory list of 1719. ((Municipal Archives Göttingen,
former document register Jews, no. 11)).
L 1762 = List of the Jews in the judicial district of Adelebsen, including
age (1792).
Mundhenke = Herbert Mundhenke (Bearb.): Die Kopfsteuerbeschreibung
der Fürstentümer Calenberg-Göttingen
und Grubenhagen von 1689, Teil 7, Hildesheim 1964,
Teil 8, Hildesheim 1965.
PW I = Peter Wilhelm: Die jüdische Gemeinde in der Stadt
Göttingen von den Anfängen bis zur Emanzipation (Studien
zur Geschichte der Stadt Göttingen 10), Göttingen
1973.
PW II = Peter Wilhelm: Die Synagogengemeinde Göttingen,
Rosdorf und Geismar 1859–1942 (Studien zur Geschichte
der Stadt Göttingen 11), Göttingen 1978.
StbL = Death register of the Jewish community in Adelebsen
(1832–1893).