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Tora-Wimpel des Natan, Sohn des Awraham

Torah binder of Natan, son of Avraham

Datierung/date: 1690

Maße/size: 363 cm × 16,5 cm 

Inventarnummer/inventory number: 2011/270

Sammlungsbestand/Collection inventory: Bestand vor / before 1917

Material und Technik

Zusammengesetzt aus 4 Gewebestreifen, Grund Leinen (ungefärbt), Leinwandbindung, Stickerei Seide (mehrere Farben), Metallfaden Lahn (silberfarben), Konturfaden Metallfaden Lahn (silberfarben), Konturen/Elemente Stielstich, flächenfüllender Stielstich, Flachstich, Anlegetechnik, Vorzeichnung, Querkanten Saum und Festonstich, Längskanten Webekante und Festonstich, Verbindung der Streifen mit eingesetzter Borte, Metallfäden (silberfarben), Webarbeit.

Material and technique

Put together from 4 strips of cloth, linen ground (undyed), linen weave, embroidery silk (several colours), metallic tinsel thread (silver), contouring metallic tinsel thread (silver), contouring/elements stem stitch, infilling stem stitch, satin stitch, lay-out technique, preparatory drawing, vertical edges hemmed and shell stitch, lengthways edges selvedge and shell stitch, strips joined with insert edging, metallic thread (silver), woven fabric.

Zuweisung

In der Stadt Göttingen gab es zu dieser Zeit keinen Abraham, der als Vater des Jungen infrage käme. Allerdings werden in dem benachbarten Ort Geismar, der keine eigene Synagoge hatte, 1689 ein »Abraham Moses« und 1719 ein »Abraham Joseph Moses« genannt. Dieser (sollte es sich um die gleiche Person handeln) könnte einen Sohn Natan gehabt haben, wofür es aber keine Belege gibt. Die Bezeichnung »Sohn des Raw Rabbi« deutet auf auf Ansehen und Gelehrsamkeit hin, nicht unbedingt auf eine bestimmten Beruf. »Raw« bedeutet Meister oder Lehrer.

Quellen: Mundhenke, Teil 7, Hildesheim 1964, S. 164; Kollektenliste Bl. 15 R.

Allocation

In Göttingen at that time, there was no Abraham, who could have been the father of the boy. But in the neighbouring village of Geismar, which didn’t have a synagogue of its own, an ‘Abraham Moses’ is mentioned in 1698 and an ‘Abraham Joseph Moses’ in 1719. He (if it is the same person in both cases) may have had a son called Natan, but there is no evidence to prove this suggestion.

Sources: Mundhenke, Part 7, Hildesheim 1964, p 164; Kollektenliste Bl. 15 R.

Beschreibung

Dieser älteste Wimpel aus der Göttinger Sammlung zeigt prächtige Stickereien in kräftigen, leuchtenden Farben. Von geübter Hand sind in Rot, Hellblau, Gelb, Weiß, Dunkelgrün und Braun verschiedene Blumen, Ornamente, Tiere sowie die Buchstaben der Schrift aufgestickt. Nachträglich aufgebrachte Konturfäden umrahmen alle Stickereien. Ursprünglich waren alle Konturfäden mit silberfarbenen Metallfäden, dem Lahn, umwickelt. Das muss dem Wimpel ein glänzendes und strahlendes Aussehen verliehen haben. Viele dieser Metallfäden sind verlorengegangen, so dass der weiße Unterfaden, die Seele, sichtbar ist. Die erhaltenen Metallfäden sind dunkel angelaufen. Dennoch lässt sich die ehemalige Pracht erahnen. An kleineren Stellen sind vermutlich Fäden verlorengegangen oder haben sich aufgelöst. Auffallend ist die Darstellung einer großen Schachbrettblume. Das Sternzeichen Wassermann, in dem Natan geboren ist, wird zweimal versinnbildlicht: in Form eines Eimers und in Gestalt eines Wasserträgers, der zeitgenössische Kniebundhosen sowie eine weiße Perücke trägt. Weitere Figuren sind Moses mit den Gesetzestafeln und ein Brautpaar. Der Bräutigam ist in der zeitgenössischen Mode gekleidet mit Kniebundhosen, großem, weißem Kragen und breitkrempigem Hut. Die Braut ist in Hellblau und Silber gewandet, trägt Korsett und eine Krone.

Der Segensspruch endet mit einem »Amen Sela«. Sela ist ein hebräisches Wort, das fast ausschließlich in den Psalmen vorkommt. Für dieses Wort gibt es keine Übersetzung. Das »Sela« auf den Wimpeln fügt sich nicht in bestehende Sätze ein, sondern steht immer am Zeilenende. »Amen Sela« ist (bei diesem und allen weiteren Wimpeln) als Bekräftigungsformel für die Segenswünsche der Wimpelinschrift zu verstehen.

Description

The oldest wimpel in the Göttingen collection id elaborately embroidered in strong bright colours. A skilled hand has stitched various flowers, ornaments, animals as well as the letters of the script in red, light blue, yellow, white, dark green and brown. Originally, all contouring threads were wrapped with silver-coloured metallic thread, tinsel thread, which must have given the binder a shiny and radiant appearance. A lot of this metallic thread has been lost, so that the white inner thread, the core thread, is visible. The preserved metallic threads are tarnished. Nevertheless, one can get a sense of its former splendour. In some small places the threads seem to have got lost or come undone. Striking is the depiction of a large chequered lily. The zodiac sign of Aquarius, under which Natan was born, is presented twice: in the form of a pail and in the figure of a water bearer, dressed in the fashion of the time in breeches and wearing a white wig. Further figures are Moses with the Tablets of the Law and a bridal couple. The groom wears contemporary clothes with breeches, a large white collar and a hat with a wide brim. The bride is dressed in light blue and silver, wears a bodice and a crown.

The blessing finishes with ‘Amen Selah’. Selah is a Hebrew word found almost nearly exclusively in the psalms. There is no translation for this word. On a binder, ‘Selah’ is not a component of the sentences, but only appears at the end of a line. On this as on all other binders, ‘Amen Selah’ has to be understood as an affirmation of the good wishes of the inscription on the binder.

Quellenverzeichnis/List of abbreviated Sources

Verzeichnis der abgekürzten Quellen

FamB = Synagogenbuch der jüdischen Familien in dem Gerichte
Adelebsen … Aufgestellt am Ende des Monats December
1832 von Salamon Levy Löwenthal (NLA Hannover,
Hann. 74, Göttingen Nr. 4211).
Friedhof = Bernd Schaller/Eike Dietert: Im Steilhang. Der
jüdische Friedhof zu Adelebsen. Erinnerung an eine zerstörte
Gemeinschaft, Göttingen 2010.
GebL = Geburtsliste der Synagogengemeinde Adelebsen
(1832–1838) (NLA Hannover, Foto 1 Nr. 98).
Kollektenliste = Kollektenliste von 1719 (Stadtarchiv Göttingen,
Altes Aktenarchiv Juden, Nr. 11).
L 1762 = Aufstellung der Juden aus dem Gericht Adelebsen
mit Altersangabe (1762) (NLA Hannover, Hann. 74, Göttingen
Nr. 4211).
Mundhenke = Herbert Mundhenke (Bearb.): Die Kopfsteuerbeschreibung
der Fürstentümer Calenberg-Göttingen
und Grubenhagen von 1689, Teil 7, Hildesheim 1964,
Teil 8, Hildesheim 1965.
PW I = Peter Wilhelm: Die jüdische Gemeinde in der Stadt
Göttingen von den Anfängen bis zur Emanzipation (Studien
zur Geschichte der Stadt Göttingen 10), Göttingen
1973.
PW II = Peter Wilhelm: Die Synagogengemeinde Göttingen,
Rosdorf und Geismar 1850–1942 (Studien zur Geschichte
der Stadt Göttingen 11), Göttingen 1978.
StbL = Sterbeliste der Synagogengemeinde Adelebsen (1832–
1893) (NLA Hannover, Foto 1 Nr. 100).

 

List of abbreviated Sources

FamB = (Synagogue register of the Jewish families in the judicial
district of Adelebsen … drawn up at the end of December
1832 by Salamon Levy Löwenthal).
Friedhof = (The Jewish cemetery in Adelebsen. Memento of a destroyed
community).
GebL = (Birth register of the Jewish community in Adelebsen
(1832–1838).
Kollektenliste = (Offertory list of 1719. ((Municipal Archives Göttingen,
former document register Jews, no. 11)).
L 1762 = List of the Jews in the judicial district of Adelebsen, including
age (1792).
Mundhenke = Herbert Mundhenke (Bearb.): Die Kopfsteuerbeschreibung
der Fürstentümer Calenberg-Göttingen
und Grubenhagen von 1689, Teil 7, Hildesheim 1964,
Teil 8, Hildesheim 1965.
PW I = Peter Wilhelm: Die jüdische Gemeinde in der Stadt
Göttingen von den Anfängen bis zur Emanzipation (Studien
zur Geschichte der Stadt Göttingen 10), Göttingen
1973.
PW II = Peter Wilhelm: Die Synagogengemeinde Göttingen,
Rosdorf und Geismar 1859–1942 (Studien zur Geschichte
der Stadt Göttingen 11), Göttingen 1978.
StbL = Death register of the Jewish community in Adelebsen
(1832–1893).